Reinemachfrauen an der Berliner Realschule (ca.1990)
Irgendwann gab es keine deutschen Reinemachfrauen mehr an unserer Realschule. Die Neuen waren türkische Frauen.
Für mich als Lehrer war es selbstverständlich, Hausmeister oder Reinigungskräfte mit Höflichkeit und achtungsvoll zu behandeln.
Als ich einmal gegen 14 Uhr in meinen Klassenraum gehen wollte, war
dieser abgeschlossen; das verwunderte mich sehr, denn der Schlüssel
steckte von innen.
Wie sich herausstellte, war es eine der türk. Reinemachfrauen, die in
Ruhe beten wollte. Ich ließ sie gewähren und meldete den Vorfall auch
nicht, weil Beten für mich als Religionslehrer OK war. Damals war das
Kopftuchtragen noch nicht zum Politikum geworden; und die deutschen
Reinemachfrauen hatten ja auch zum Teil ein Kopftuch auf, so wie es
meine Großmutter beim Reinemachen auch auf hatte.
Eine von ihnen wurde von der Mehrheit der türkischen Frauen gemobbt;
wahrscheinlich, weil sie nicht betete und kein Kopftuch trug.
Diese "moderne" türkische Reinemachfrau rief mir öfter im Flur etwas hinterher; es war das Wort: "Ausländer!"
Eines Tages fragte ich sie, warum sie mich "Ausländer" nennt. Sie
antwortete: "Weil Sie so nett zu uns sind, wie eigentlich nur
Ausländer!"
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